2009

Dr. Nils Minkmar – Laudatio auf Johannes Willms

Académie de Berlin, 1.Dezember 2009

Die Tage sind kurz, die Nächte lang und dunkel aber es gibt einen Text, der mir gemeinerweise in jeder Situation ein versonnenes Lächeln auf die Lippen zaubert. Es ist kein Text von Johannes Willms, mehr einer über ihn – die Rezension seiner Napoleon Biographie genau genommen, und ich möchte diesen kleinen dialektischen Umweg wählen, um sie zu einem besseren Ausblick auf unser heutiges Sujet zu geleiten.

Ich will auch den Autor der Rezension gar nicht nennen, ich möchte sie bitten, ihn sich einfach als einen Chor vorzustellen, wie sie ihn sicher in zahlreichen Konferenzen, Instituten, oder Redaktionen vernommen haben, ich habe diesen spezifischen und für mein Gefühl sehr deutschen Ton jedenfalls gleich wiedererkannt.

Johannes Willms Napoleon Biografie war also zu resensieren, und in einer großen Wochenzeitung nahm sich ein Berufshistoriker der Sache an: Bedenkenvoll den Kopf wiegend räumte er ein, eine Biographie von Napoleon, das ginge schon – wenn man zuvor einige Präliminarien abarbeitet, wenn man also „die Mikro wie die Makroperspektive einzunehmen bereit sei, wenn man die psychoanalytische Interpretation vornimmt, daneben aber auch die Gesellschaftsgeschichte nicht zu schreiben vergisst. Zudem sei das gesamte Quellenmaterial neu zu lesen, und zwar kritisch, sodann seien die neusten Forschungen und Methodologien einzubeziehen! Und dann – ich würde diese Präliminarien vorsichtig auf sieben bis acht jahre einnehmend schätzen- dann könne es dann losgehen.

So dann folgt einer der Sätze, wegen denen mir dieser Text krass entgegen seiner Intention unfassbar gute Laune macht, ich zitiere:
“Leider hat Willms solche Zumutungen einfach beiseite geschoben!“

Willms beginnt sein Buch mit der Geburt Napoleons. Das geht übrigens auch anders: Eine andere historische Figur, der ehemalige Bundesminister Hans Matthöfer, wurde unlängst mit einer Biografie aus der Feder des deutschen Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser geehrt, die sich streckenweise sehr spannend liest, aber sie beginnt halt mit einem achtzig Seiten umfassenden Teil über die neuesten neurowissenschaftlcihen Erkenntnisse zur Frage der Entscheidungsfreiheit des Individuums, klärt also ersteinmal, ob es den einzelnen Menschen überhaupt gibt.

Willms setzt das, sowie die Existenz eines Napoleons schon mal voraus und legt los. – und es wird ein herrliches Buch und wenn Napoleon dann stirbt, im fernen Sankt Helena, dann möchte man mit der Lektüre gleich wieder von vorn beginnen: Nochmal!

Unserem Rezensenten  hatte es wohl auch ganz gut gefallen und um sich und Willms dafür zu bestrafen, zählt er auf, was alles im Buch nicht vorkommt – das Los der Tagelöhner in der Landwirtschaft, die Unwirtlichkeit der Städte, das neiderfüllte Verhältnis Napoleons zu seinem älteren Bruder und wie Freud es sah – also eine Liste von Themen, über die man auch Bücher schreiben kann und es folgt der wunderbare Satz: “Die Liste der echten Probleme ließe sich beliebig verlängern“. Die Rezension endet bedauernd mit dem Gedanken, dass hier „ein Lebenslauf beschreiben wird, der ganz und gar durch politische und militärische Großereignisse strukturiert zu sein scheint“ Na das ist in der Tat inadäquat – also bei einer Biographie von Yves Saint Laurent,  Charles Trenet oder Serge Gainsbourg aber bei Napoleon Bonaparte?

Ich rekapituliere: Willms hätte nicht beginnen dürfen, er hätte dann nicht so viel über politische und militärische Ereignisse schreiben sollen und soll sich einmal sagen lassen dass, während er dieses Buch geschrieben hat, er zugleich andere nicht geschrieben hat.

Mich erinnert diese Rezension an eine Szene, die Ulrich Wickert in Paris betrifft: Wie überquere ich den stets von Autos umtosten Place de la Concorde? Warten, bis die Fahrer ihre Wagen verlamgsamen, Augenkontakt herstellen und eine Gasse bilden? Wieder so ein Programm für viele Jahre. Ich überquere sie, indem ich losgehe. Und ich beginne eine Biographie mit der Geburt.

Meine Damen und Herren, Johannes Willms ist ein Unikat unter den deutschen Intellektuellen und Feuilletonisten: Er gehört keiner Schule oder Clique an und hat jeder Tradition, der man ihm zurechnen könnte, einen unerwarteten neuen Zweig ersonnen. Er hat das aber nicht angekündigt, sondern einfach gemacht. So ist ein beträchtliches Werk an Essays, Interviewbänden und natürlich Biographien entstanden, das dankend angenommen, aber selten wirklich analysiert wird, weil eben der Autor gerne so tut, als sei eigentlich gar nichts dabei.

Sie erinnern sich vielleicht an all die Interviews, die Hans Ulrich Wehler anlässlich des Erscheinens des letzten Bandes seiner deutschen Gesellschaftsgeschichte gab. In jedem Interview hat der große Historiker recht kleinherzig betont, weiviel Arbeit das Buch ihm gemacht hat, wie fit er dazu sein musste, wie gut es ihm gelungen ist und dass eigentlich nur noch Männer seiner, der Flakhelfergeneration im Stande seien, solche athletische Historiographie zu stemmen.

So etwas würde man von Willms nie hören. Auch andere in unserem Berufsstand beliebte Posen, wie die des ewig gestressten und bedeutenden rasenden Reporters, Konfident der Mächtigen, nimmt er nicht ein. Das kommt sicher daher, weil er morgens und abends in seinen Büchern und Quellen umherreist und dann mit Bismarck, Napoleon und Balzac konversiert. Da wirkt unser poltitisches und kulturelles Personal doch recht kleinkalibrig.
Wobei diese Haltung, wie so vieles an Willms, erst entschlüsselt werden muß.

In meinen ersten Tagen als Gast im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung verfiel ich völlig der von ihm erzeugten Illusion, seine Artikel, Glossen und Bücher entstünden ganz ohne Arbeit. Das war eine adlige Herangehensweise an die Produktion von Texten, nach der der intelligente Umgang, das gute Essen und vor allem wahnsinnige praktische Scherze einen solchen Arbeitsplatz prägen sollten, und bloß nicht das gemeinsame Beklagen der Gegenwart.

Und wie bei den Musketieren war auch da der Wagemut die Tugend, ohne die nichts ging, denn unsere Artikel wären in einem ernsthaften Blatt nie erschienen und wären vor jeder Preisjury gefloppt – tun sie übrigens noch heute -: Zu lang, ohne Anbindung an die Tagesaktualität und erkennbar übergeschnappt.

Willms warf einem ein Zitat hin, wenn es überhaupt so eine handfeste Basis gab für einen Artikel, dann folgte der möglichst streng und sachlich gebrummte Auftrag „Drehensema bitte Locken auf der Glatze“.
Oder er bat um eine Glosse zum Thema x.
Na, dazu fällt mir nichts ein, ausgeschlossen, wie wäre es mit Thema y ?
Das ist leider der Aufmacher. Beide Themen fallen also flach?
Tja. Sieht so aus.
Dann also sehr gut, bitte 60 Zeilen.
Und wer sich vor dem Mittagessen schon an seinen Text setzte, oder dieses gar ausfallen ließ um den nachmittäglichen Redaktionsschluß noch zu schaffen wurde mit Hohn und Spott bedacht. Es war ein mit Claudius Seidl und Gerhard Matzig vorgetragener Generalangriff auf die deutsche Depression der letzten Kohl-Jahre. Diese Art, ein Feuilleton durch Wahnsinn und Inspiration zu leiten, folgte einem unausgesprochenen Programm der radikalen Eleganz – ein Stichwort, auf dass wir noch zurückkommen werden.
Aber, das muß noch betont werden, mit diesem d Artagnagnesken Habitus war gerade keine Einberufung in irgendeinen entrückten Adel des Geistes verbunden , im Gegenteil, die Straße, das Café, das Restaurant gehören zu Willms Verständnis von Öffentlichkeit unbedingt dazu. Nicht umsonst vibrieren die Passagen über das Palais Royal gleich in mehreren seiner Bücher vor historiographischer Energie und schierer Begeisterung. Es würde den Rahmen sprengen, die Szenen zu beschreiben, die man erlebt wenn man mit Willms ausgeht, aber ich habe seitdem eine Passage aus seinem Interviewband mit Ulrich Beck, Freiheit oder Kapitalismus, ganz anders zu interpretieren gelernt. Da redet der Soziologe ganz grundlegend vom Begriff der Gesellschaft und wie er wohl zu verstehen sei, Willms aber fährt dazwischen: „Im Café, in der Kneipe, auf dem Fussballplatz, da drängt sie sich ihnen doch auf, die Gesellschaft, in all ihrer Sinnlichkeit!“

Diese zupackende Haltung, diese Programmatik des Mutes, der  Zumutungen beiseite schiebt, sind die fröhlich plätschernden Ausflüsse jener trüben Quellen, die Willms in seinen historischen Arbeiten erkundet hat.  Die deutschen Selbstblockaden und fatalen Verspätungen sind ein zentrales Thema bei Johannes Willms. Er hat es oft genug beschreiben, wie Zünfte, Gemeinden und Vereine das Land geprägt haben, wie es sich im Kleinteiligen und Biederen wohlfühlt und im Zweifel für den Rückwärtsgang votiert. So sammeln wir nun Geld für ein Schloss in der Mitte Berlins und Wolfgang Brüderle  ist Wirtschaftsminister, Mittelstandsförderung und Mittelmaß in der Mittelmacht, mit besten Grüßen aus Berlin Mitte, so fahren wir die deutsche Zeitschleife entlang.
Nun, meine Damen und Herren, stellt sich eine Frage, mit der auch ich mein Leben lang zu tun habe, darum bin ich heute ganz froh, sie jemand anderem stellen zu dürfen:
Ist es in Frankreich besser als hier?
Um es gleich vorweg zu sagen: Man sollte Frankreich nicht mit dem Nicaragua der 80er Jahre verwechseln und Willms nicht mit einem deutschen Sandinista. Er ist mitnichten ein Frankreichkenner, wie es immer auf den Klappentexten steht. Frankreichkenner, die kenne ich seit meiner Kindheit ich bin ein Frankreichkennerkenner : Das sind sympathische Touristen im Ungefähren der südlichen Provinzen. Nein, Willms ist Frankreichkritiker, so wie Marcel Reich Ranicki Literaturkritiker ist, er lebt in Frankreich und leidet daran.
Man muss hierzu nur sein neustes Buch lesen, den Frankreichband aus der Reihe „Die Deutschen und ihre Nachbarn“.  Da werden Kollaboration und Algerienkrieg schonungslos und ausführlich dargestellt. Willms schreitet mit Verve auch dorthin, wo es anderen zu heikel oder zu unübersichtlich wird. Besonders deutlich wird das im letzten Drittel des Buches, in dem er die gesamte politische Prominenz des Landes einmal so vorstellt, wie es die amtlichen politischen Frankreichkorrespondeten eher nicht tun:
Da nennt er Chirac einen intriganten Spalter und Geldwäscher; De Villepins Rede gegen den Irakkrieg vor dem Sicherheitsrat der UNO ein gaullistisches Schmierentheater, Expremier Raffarin eine Gestalt, wie sie in jeder gern zum Onkel hätte Alain Juppé wird trotz gravierender Gesetzesflops fälschlicherweise weiter als Genie verehrt Olivier Besancenot bekommt die Berufsbezeichnung Clown
Aber Mitterrand bekommt es am heftigsten ab, von der affaire de l observatoire über die Francisque bis hin zur Abhöraffäre, nur sein Tod wird genädig registriert.

–   und so weiter, es bliebt  kein Auge trocken, und obwohl ich in machen Fällen milder urteilen würde erhebe ich keinen Einspruch, denn die für mich maßgebliche  Autorität in französischer Innenpolitik, mein 2003 verstorbener Großvater, hat exakt dieselben Urteile gefällt, nur die Kommunisten hätte er noch stärker rangenommen, aber sie spielen ja heute keine Rolle mehr.

Bei Sarkozy wird es interessant, nicht nur weil er anschließend unser Hausherr sein wird – ihm räumt Willms einen Hoffnungsvorschuss ein. Wer die Geschichte eines Landes, da gilt für Frankreich nichts anderes als für Deutschland, so lange überblickt stellt fest, dass Gewohnheiten, Denkmuster und Herrschaftsstrukturen sich kaum, und kaum je von alleine ändern. In Deutschland meidet man die Änderung gerne ganz und wenn man doch eine vornimmt, so beeilt man sich, das Neue als Kontinuität zu deklarieren. In Frankreich geschieht so lange nichts, bis die Leute auf die Straße gehen oder jemand Reformen von oben vornimmt, im Falle von Sarkozy könnte ja beides zu beobachten sein.

Noch ein anderer Aspekt kommt hinzu: Sarkozy ist ein Mann der Medien und der populären Kultur. Der Sohn von Zugewanderten aus der Vorstadt –wenn auch der reichsten Frankreich. ist vor dem Fernseher groß geworden, lobt seit jeher die Usa und verfällt in Depressionen, wenn ihn seine Leute auf’s Land schicken, zumal in ein Funkloch. Sein Musik, Film und Literaturgeschmack sind auf eine Weise durchschnittlich, die in Frankreich, etwa in meiner Familie, als anstößig empfunden wird.
Willms würde sich an so einer Kritik nicht beteiligen. Als Chef der ZDF Kulturredaktion ist er der Schöpfer des populärsten Literaturprogramms des Landes, des Literarischen Quartetts und würde zugleich den Präsidenten darin beipflichten, dass nicht jeder Klempner die Princesse de Clève gelesen haben muß. Und er schreibt Bücher die – ich erinnere an die erboste Rezension zu Anfang – von vielen gelesen und verstanden werden.

Ist Johannes Willms also ein guter Mittler zwischen den Kulturen?
Nicht in dem herkömmlichen Sinne, dass er uns alles anpreist, was in Paris geschieht – für die meisten urbanistischen Innovationen seiner Wahlheimat hat er Urteile parat, die mit Kata beginnen und deren ende sich  auf strophe reimt, auch im Französischen übrigens.
Und wenn ein französischer Sender ihn nach den Zuständen in Deutschland fragt, wird er sicher nicht unser Ladenschlussgesetz und den Föderalismus in der Bildungsolitik anpreisen.

Willms dient also keinem Land und keinem Publikum, er ist einfach Willms und leitet durch entschieden ausgreifende Schritte. Am Wegesrand lässt er seine Bücher fallen, alle paar Jahre eines, an ihnen können wir uns orientieren.

Das ist dringender nötig denn je, die Geschichtspolitik ist bei beiden Regierenden derzeit eine Spielweise und es geht munter zu. Sarkozys Vorschlag, jedes französische Schulkind einer bestimmten Klassenstufe möge die Patenschaft für ein Holcaustopfer übernehmen ist noch unvergessen, da kommt er schon mit der Idee um die Ecke, Albert Camus von seiner zauberhaften Ruhestätte in Loumarin in den Panthéon umzubetten. Egal, in zwei Tagen ist alles vergessen. Und auch die Bundeskanzlerin sah am 11 November unter dem Arc de Triomphe zwar glücklich, aber auch ratlos aus, was sie hier soll und wo sie überhaupt ist.

Aber es gibt ja nicht nur die Politiker und die Bauwerke in Paris. Zwar ist auch in Frankreich die Liste der echten Probleme beliebig verlängerbar, aber man kann Abkürzungen nehmen, zu Fuß, durch Paris. Das Stichwort vom Palais Royal ist ja schon gefallen, es gibt historische Gründe, aus denen der öffentliche Raum in Paris immer auch ein politisch und kulturell vibrierender Raum ist. Hierzu nur folgende Geschichte: Vor den letzten Präsidentschaftswahlen hatte die Fotoredaktion der FAZ eine junge Kollegin mit dem Zug nach Paris entsandt, und ihr Auftrag lautete, die Diskussionswut der Franzosen in ihrer Hauptstadt fotografisch zu dokumentieren. Sie fuhr los, machte Bilder, aber kein einziges gelangte schließlich ins Blatt. Warum nicht ? Sie hatte derart viele gutaussehende Menschen jeden Alters auf der Straße, auf Plätzen und in Brasserien debattieren und gestikulieren sehen dass ihre Bilder einfach zu sehr nach Amélie Poulain macht Politik aussahen.Paris hatte sich wieder mal in das Klischee seiner selbst verwandelt und kein leser hätte uns geglaubt, dass diese junge Studentin im Ringelpulli mit Selbstgedrehter von ihrem Fensterbrett aus wirklich mit einem jungen Typen auf dem Bürgersteig über Sarko und Ségo debattiert.

Dieses Ambiente, das für Willms die Arbeit an den historischen Stoffen notwendig ergänzt, das kann man in Berlin lange suchen. Es heisst ja oft, dass sich Autoren ihre Welt selbst erschaffen und manchmal frage ich mich tatsächlich was zuerst da war, Paris oder Johannes Willms Bücher darüber?

Was aber ist nun die beste Beschreibung der Methode Willms, was treibt ihn an, was macht, kurz gesagt, seinen Stil aus?  Schließlich steht ja die Beschwerde vom Anfang noch im Raum: Keine methodologische Auskunft, keine theoretische Einführung.
Nun, ich habe da so etwas gefunden. Es stammt nicht von ihm direkt, wir müssen den Umweg über die Aussagen eines Interviewpartners nehmen. Es ist Hubert de Givenchy, der uralte Aristokrat unter den Modeschöpfern. Givenchy: „Ein Stil entwickelt sich, indem man bestrebt ist, sich dem Ideal von Eleganz anzunähern. Dabei erweist es sich stets als das Schwierigste, das Einfache zu realisieren…Ich habe deshalb versucht, alles Überflüssige fortzulassen und mich nur auf das Essentielle in seiner schmucklosen Reinheit zu konzentrieren.“

Und alle Zumutungen beiseite zuschieben, die Liste der echten Probleme nicht beliebig zu verlängern – so kann man es eben auch ausdrücken.

Glücklicherweise besitze ich Modeidiot ein Eau de Toilette, auf dem Givenchy steht, ich wäre sonst versucht den Herrn, der ja auch in der „Bunten“ nie auftaucht, für eine Willmssche Erfindung zu halten. Er gibt jedenfalls exakt jene Auskünfte, die wir von Willms haben wollten. Ich füge ein weiteres Zitat an: „Die größte Eleganz ist aber die des Herzens, die darin besteht, gute Werke in größter Diskretion zu tun“ – hier bin auch ich als Laudator in einem Zwiespalt, denn ich weiss Beispiele solcher Werke, aber wenn ich sie so öffentlich anführe und ausbreite ist es mit der Eleganz ja dahin. Noch einmal de Givenchy:  „Eleganz ist immer unauffällig, ist nie aufdringlich, schwelgt nicht in Aufwand und Luxus. Sie ist immer das Raffinement des Einfachen und beinahe unsichtbar.“

So erweist sich das, was ich eingangs als die Willmssche Lakonie, die Freude an der frisch unternommenen Tat, und der Mangel an Selbstankündigung und Eigenexegese als jener Rohstoff, der in Berlin gerade in diesen Tagen stündlich knapper zu werden scheint, die Eleganz. Und genau das nervt unseren eingangs vernommenen Chor.

Lieber Johannes Willms, wir verstehen diese Ehrung heute als Antwort auf eine Frage, die wir in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung stellen könnten: Soll Johannes Willms in Zukunft eine größere Rolle spielen?  Ich habe hier das pro und das contra, das auch ein pro ist, gleich mal selber übernommen, weiß aber von vielen Kollegen, dass sie es so empfinden wie ich: Sollten sie nochmal anlanden, aus Paris auf Berlin marschieren, wir wären an ihrer Seite und nicht nur für hundert Tage.

Nils Minkmar